Ein Tag auf dem Amt...
Gestern habe ich es doch tatsächlich endlich mal geschafft, zum Kreisverwaltungsreferat bzw. zum Bürgerbüro zu gehen. Aber natürlich nicht aus freien Stücken, sondern nur, weil mir mies und fies mit Lohnkürzung gedroht wurde.
Ich wurde doch glatt von meiner Firma aufgefordert, doch bitte endlich meine Lohnsteuerkarte einzureichen. Ansonsten würde mir mein Gehalt mit Steuerklasse 6 berechnet werden.
Was haben die denn eigentlich für Probleme, es war doch erst der 19. Februar. Die müßten mich doch nun schon wirklich lang genug kennen, oder?
In manchen Dingen brauche ich halt etwas mehr Zeit als andere Menschen. Das könnte doch wenigstens ein bißchen respektiert werden.
Aber nein, die Dame vom Lohnbüro war unerbittlich. Wenn die Karte nicht bis zum 20. Februar einträfe, dann könnte sie es nicht anders machen.
So weit, so gut. Ich machte mich also auf den Weg zur Höhle des Löwen – dem Amt. Bei der Gelegenheit konnte ich ja auch gleich einen neuen Personalausweis beantragen. Der alte Ausweis wurde mir ja schließlich erst Anfang März 2008 entwendet. Mitsamt dem Führerschein und anderen weiteren wertvollen Dokumenten, 85,69 EUR Bargeld und danach noch nett abgehobenen 5000.- EUR. Aber das ist schon wieder Stoff für eine weitere Geschichte.
Tags zuvor hatte ich extra auch noch Paßfotos gemacht. Wer hatte eigentlich diese blöde Idee mit diesen dämlichen biometrischen Fotos? Auf denen sieht wohl jeder aus wie ein Idiot. Gott sei Dank war es nur ein Paßbildautomat, so daß meine Flüche darüber wenigstens keinen Menschen trafen, sondern nur hinterm Schutz des Vorhanges mit einem Echo verhallten. Und wo wir schon bei Paßbildautomaten sind. Hiermit beantrage ich einen besseren und breiteren Stuhl und generell mehr Platz für Menschen mit dickenÄrschen Winterjacken.
„Bitte ziehen Sie eine Nummer“. Ich zog die Nummer 198. „Es warten noch 16 weitere Besucher vor Ihnen“ blinkte es mir aus dem Display entgegen. Na ja, das ging ja noch.
Die Wartezeit von ca. 20 Minuten verging dann auch ziemlich schnell. Ich vertrieb mir die Zeit wie immer mit psychologischen Menschheitsstudien.
Unglaublich, wie viele interessante Zeitgenossen es doch gibt. Das alles zu erzählen würde jetzt den Rahmen sprengen. Aber ab und an sollte man doch solche Orte aufsuchen und sich wirklich die Menschen mal genauer anschauen, ihnen bei diversen sinnlosen Aktionen zuschauen oder zufällig Handygespräche von ihnen belauschen. Das wirkt wie eine Frischzellenkur. Man fühlt sich plötzlich wieder jünger, hübscher, schlanker und vor allen Dingen viel intelligenter als vorher.
Ein Piepen riß mich aus meinen Gedanken und ein Blick auf das Display verriet mir, daß die Nummer 198, also ich, nun an der Reihe wäre.
Ich ging also frohen Mutes zu Platz Nummer 5, wo mich ein netter Beamter schon freudig erwartete.
Alles was ich brauchte war eine Lohnsteuerkarte, eine Ummeldung meines Wohnsitzes, einen neuen Personalausweis und einen vorläufigen Personalausweis, damit ich wenigstens ein gültiges Dokument in der Tasche habe. Ich sah mich schon in 5-10 Minuten mit all den schönen Papieren rausgehen.
Aber es kommt natürlich immer anders als gedacht.
Ich trug also alle meine Anliegen vor und gab dem netten Herrn noch zusätzliches Material zur weiteren Bearbeitung. Eine Kopie meines geklauten Ausweises (in weiser Voraussicht für solche Fälle gemacht), die Diebstahlsanzeige bei der Polizei und natürlich auch zwei der*ZENSIERT* schicken Paßfotos.
Doch plötzlich vernahm ich ein leises Geräusch aus weiter Ferne. Es kam immer näher und näher.
Ich konnte das Geräusch zuerst nicht einordnen und hörte angestrengter hin.
Es hörte sich an wie ein leises Wiehern.
Es kam weiter näher und in mir wuchs ein Verdacht.
Es wird doch nicht...
Doch, er war es und das Wiehern wurde immer lauter.
Mit weit geblähten Nüstern blieb der Amtsschimmel vor mir stehen.
Der Beamte stieg auf das weiße Pferd und der Dialog begann:
Beamter: Ich kann Ihnen das so nicht ausstellen. Ich muß zuerst Ihre Identität feststellen.
Ich: Das ist ja einfach, ich habe Ihnen ja extra eine Kopie meines alten Ausweises und die Diebstahlsanzeige mitgebracht.Außerdem noch die schicken Paßfotos.
Beamter: Na, das könnten Sie ja auch irgendwo auf der Straße gefunden haben.
Ich:Ja, das ist ja auch sehr wahrscheinlich, daß man gerade diese beiden Sachen auf der Straße findet, dann zufällig auch noch weiblich ist, sich im gleichen Alter befindet und zu allem Überfluß auch noch exakt so wie auf dem Foto aussieht... Nein, habe ich nicht...
Beamter: Ich muß mal telefonieren.
(Beamter telefoniert 10 Minuten. Ich beobachte derweilen eine Frau, die am übernächsten Platz sitzt und versucht, einen Reisepaß zu bekommen. Die Dame diskutiert recht wild mit der Beamtin und stellt immer wieder die gleichen Fragen und bekommt immer wieder dieselben Antworten. „Können Sie mir versichern, daß der Reisepaß in 4 Wochen und einem Tag da ist?“ „Das haben wir nicht in der Hand, das wird zentral in der Bundesdruckerei gemacht. Sie können aber dort gerne den Status immer wieder per Internet oder Telefon erfragen!“ „Aber können SIE mir sagen, ob der Paß.... ?“ Das ganze geht ca. 10mal hin und her, dann stellt mein Gehirn wegen schwerer Unterforderung auf Durchzug.)
Beamter: Ich muß mir jetzt erst mal eine Kopie ihres alten Ausweises schicken lassen, das geht ganz schnell.
Ich: Aber ich habe Ihnen doch eine Kopie meines alten Ausweises mitgebracht.Zudem noch schicke Paßfotos.
Beamter: Ich muß mir aber von offizieller Stelle eine Kopie schicken lassen.
(25 Minuten vergehen. Ich rutsche ungeduldig auf dem Stuhl hin und her. Der Beamte geht irgendwelche Sachen kopieren, kommt dann wieder und redet mit mir über das Wetter und weitere Belanglosigkeiten. Die Dame am übernächsten Platz hat immer noch nicht mit der Fragerei aufgegeben. Ich schalte weiter auf Autopilot.)
Beamter: Oh, es ist ja schon gleich Mittag.Und ich muß mich dann endlich nicht mehr mit euch nervigen Antragstellern abgeben.
(Faxgeräusch ertönt.)
Beamter: Oh, ich glaube, da kommt ein Fax.
(Beamter steht langsam auf und schlurft zum Faxgerät. Ich hätte in der Zwischenzeit mein Abitur nachmachen können, aber ich habe mich letztendlich doch dagegen entschieden. Bildung wird eindeutig überbewertet.)
Beamter: Da haben wir ja die Kopie Ihres Ausweises. Aufgrund dieser Kopie kann ich Ihnen natürlich gerne einen neuen Ausweis erstellen.Wenn es denn unbedingt sein muß.
Ich:Sie dämlicher Idiot, das ist EXAKT die gleiche Kopie wie meine Kopie. Was ist daran jetzt anders?? HÄÄÄH? Können Sie mir das mal erzählen? Das Foto darauf sieht mir auch immer noch verdammt ähnlich! Arrrrgggggggggggggggghhhhhhhhhhh, Scheiß Amt, Scheiß Beamte, Scheiß verfluchter Schimmel... Vielen Dank!
Beamter: Zur Vorbeugung können Sie von dem jetzt neu ausgestellten Ausweis eine Kopie machen, die sie dann bei eventuellem Verlust vorlegen können!
Ich: Sie meinen, ich soll genau so eine Kopie machen, wie ich sie heute auch schon mitgebracht habe?
Beamter: Ja genau.
Ich:Äh... Aber sie mußten sich doch ein Fax schicken lassen... Äh, wissen Sie was, vergessen Sie´s einfach... Vielen Dank für den Hinweis und einen schönen Tag noch...
Für die noch ausstehende Beantragung meines Führerscheines nehme ich dann vorsichtshalber mal ein paar Karotten und Zuckerstückchen mit. Vielleicht schmeckt es dem weißen Pferdchen ja...
Ich wurde doch glatt von meiner Firma aufgefordert, doch bitte endlich meine Lohnsteuerkarte einzureichen. Ansonsten würde mir mein Gehalt mit Steuerklasse 6 berechnet werden.
Was haben die denn eigentlich für Probleme, es war doch erst der 19. Februar. Die müßten mich doch nun schon wirklich lang genug kennen, oder?
In manchen Dingen brauche ich halt etwas mehr Zeit als andere Menschen. Das könnte doch wenigstens ein bißchen respektiert werden.
Aber nein, die Dame vom Lohnbüro war unerbittlich. Wenn die Karte nicht bis zum 20. Februar einträfe, dann könnte sie es nicht anders machen.
So weit, so gut. Ich machte mich also auf den Weg zur Höhle des Löwen – dem Amt. Bei der Gelegenheit konnte ich ja auch gleich einen neuen Personalausweis beantragen. Der alte Ausweis wurde mir ja schließlich erst Anfang März 2008 entwendet. Mitsamt dem Führerschein und anderen weiteren wertvollen Dokumenten, 85,69 EUR Bargeld und danach noch nett abgehobenen 5000.- EUR. Aber das ist schon wieder Stoff für eine weitere Geschichte.
Tags zuvor hatte ich extra auch noch Paßfotos gemacht. Wer hatte eigentlich diese blöde Idee mit diesen dämlichen biometrischen Fotos? Auf denen sieht wohl jeder aus wie ein Idiot. Gott sei Dank war es nur ein Paßbildautomat, so daß meine Flüche darüber wenigstens keinen Menschen trafen, sondern nur hinterm Schutz des Vorhanges mit einem Echo verhallten. Und wo wir schon bei Paßbildautomaten sind. Hiermit beantrage ich einen besseren und breiteren Stuhl und generell mehr Platz für Menschen mit dicken
„Bitte ziehen Sie eine Nummer“. Ich zog die Nummer 198. „Es warten noch 16 weitere Besucher vor Ihnen“ blinkte es mir aus dem Display entgegen. Na ja, das ging ja noch.
Die Wartezeit von ca. 20 Minuten verging dann auch ziemlich schnell. Ich vertrieb mir die Zeit wie immer mit psychologischen Menschheitsstudien.
Unglaublich, wie viele interessante Zeitgenossen es doch gibt. Das alles zu erzählen würde jetzt den Rahmen sprengen. Aber ab und an sollte man doch solche Orte aufsuchen und sich wirklich die Menschen mal genauer anschauen, ihnen bei diversen sinnlosen Aktionen zuschauen oder zufällig Handygespräche von ihnen belauschen. Das wirkt wie eine Frischzellenkur. Man fühlt sich plötzlich wieder jünger, hübscher, schlanker und vor allen Dingen viel intelligenter als vorher.
Ein Piepen riß mich aus meinen Gedanken und ein Blick auf das Display verriet mir, daß die Nummer 198, also ich, nun an der Reihe wäre.
Ich ging also frohen Mutes zu Platz Nummer 5, wo mich ein netter Beamter schon freudig erwartete.
Alles was ich brauchte war eine Lohnsteuerkarte, eine Ummeldung meines Wohnsitzes, einen neuen Personalausweis und einen vorläufigen Personalausweis, damit ich wenigstens ein gültiges Dokument in der Tasche habe. Ich sah mich schon in 5-10 Minuten mit all den schönen Papieren rausgehen.
Aber es kommt natürlich immer anders als gedacht.
Ich trug also alle meine Anliegen vor und gab dem netten Herrn noch zusätzliches Material zur weiteren Bearbeitung. Eine Kopie meines geklauten Ausweises (in weiser Voraussicht für solche Fälle gemacht), die Diebstahlsanzeige bei der Polizei und natürlich auch zwei der
Doch plötzlich vernahm ich ein leises Geräusch aus weiter Ferne. Es kam immer näher und näher.
Ich konnte das Geräusch zuerst nicht einordnen und hörte angestrengter hin.
Es hörte sich an wie ein leises Wiehern.
Es kam weiter näher und in mir wuchs ein Verdacht.
Es wird doch nicht...
Doch, er war es und das Wiehern wurde immer lauter.
Mit weit geblähten Nüstern blieb der Amtsschimmel vor mir stehen.
Der Beamte stieg auf das weiße Pferd und der Dialog begann:
Beamter: Ich kann Ihnen das so nicht ausstellen. Ich muß zuerst Ihre Identität feststellen.
Ich: Das ist ja einfach, ich habe Ihnen ja extra eine Kopie meines alten Ausweises und die Diebstahlsanzeige mitgebracht.
Beamter: Na, das könnten Sie ja auch irgendwo auf der Straße gefunden haben.
Ich:
Beamter: Ich muß mal telefonieren.
(Beamter telefoniert 10 Minuten. Ich beobachte derweilen eine Frau, die am übernächsten Platz sitzt und versucht, einen Reisepaß zu bekommen. Die Dame diskutiert recht wild mit der Beamtin und stellt immer wieder die gleichen Fragen und bekommt immer wieder dieselben Antworten. „Können Sie mir versichern, daß der Reisepaß in 4 Wochen und einem Tag da ist?“ „Das haben wir nicht in der Hand, das wird zentral in der Bundesdruckerei gemacht. Sie können aber dort gerne den Status immer wieder per Internet oder Telefon erfragen!“ „Aber können SIE mir sagen, ob der Paß.... ?“ Das ganze geht ca. 10mal hin und her, dann stellt mein Gehirn wegen schwerer Unterforderung auf Durchzug.)
Beamter: Ich muß mir jetzt erst mal eine Kopie ihres alten Ausweises schicken lassen, das geht ganz schnell.
Ich: Aber ich habe Ihnen doch eine Kopie meines alten Ausweises mitgebracht.
Beamter: Ich muß mir aber von offizieller Stelle eine Kopie schicken lassen.
(25 Minuten vergehen. Ich rutsche ungeduldig auf dem Stuhl hin und her. Der Beamte geht irgendwelche Sachen kopieren, kommt dann wieder und redet mit mir über das Wetter und weitere Belanglosigkeiten. Die Dame am übernächsten Platz hat immer noch nicht mit der Fragerei aufgegeben. Ich schalte weiter auf Autopilot.)
Beamter: Oh, es ist ja schon gleich Mittag.
(Faxgeräusch ertönt.)
Beamter: Oh, ich glaube, da kommt ein Fax.
(Beamter steht langsam auf und schlurft zum Faxgerät. Ich hätte in der Zwischenzeit mein Abitur nachmachen können, aber ich habe mich letztendlich doch dagegen entschieden. Bildung wird eindeutig überbewertet.)
Beamter: Da haben wir ja die Kopie Ihres Ausweises. Aufgrund dieser Kopie kann ich Ihnen natürlich gerne einen neuen Ausweis erstellen.
Ich:
Beamter: Zur Vorbeugung können Sie von dem jetzt neu ausgestellten Ausweis eine Kopie machen, die sie dann bei eventuellem Verlust vorlegen können!
Ich: Sie meinen, ich soll genau so eine Kopie machen, wie ich sie heute auch schon mitgebracht habe?
Beamter: Ja genau.
Ich:
Für die noch ausstehende Beantragung meines Führerscheines nehme ich dann vorsichtshalber mal ein paar Karotten und Zuckerstückchen mit. Vielleicht schmeckt es dem weißen Pferdchen ja...
Thiara - 20. Februar, 14:34
1530 Flügelschläge - aufbewahrt unter Alltagsgeschichten...
5 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
evo (Gast) - 7. März, 15:47
You make my day *lach* ...klasse, erinnert mich an meine Neubeantragung aller Papiere nach einem Diebstahl.
Thiara - 8. März, 21:09
Danke Dir... Ja schlimm sowas, mir wurde ja auch der Geldbeutel geklaut... :-( Und als nächstes ist die Neubeantragung des Führerscheines dran. Ich wappne mich schon mal innerlich... :-)
evo (Gast) - 8. März, 21:52
Bei mir war das damals eine Beamtin mit 1-Finger-Suchsystem auf der Tastatur und einer dezenten Rechtschreibschwäche in Bezug auf Daten, die man ihr diktiert, obwohl sie vor ihr liegen und sie nur abschreiben müsste. Damit dauerte die Angelegenheit von 5 Minuten gute 30 Minuten - mich wundert seitdem nicht mehr, dass die Warteräume in dieser Behörde besonders überfüllt sind und es wirklich kaum spürbar voran geht ;)
Toi, toi, toi! *lach*
Toi, toi, toi! *lach*
just4me (Gast) - 15. Oktober, 10:24
O weh ..*schwitz*
und ich muss demnächst (d.h. eigentlich schon nächste Woche) aufs BÜRGERamt...grrrr... um meine Steuerklasse ändern zu lassen.
Habe jetzt schon Disput mit dem Noch-Ehemann, weil die Infos im INFOzettel von uns beiden unterschiedlich ausgelegt werden.
Wie wird das wohl erst auf d e m Amt ablaufen???
(OK. Karotten hätte ich noch da....)
und ich muss demnächst (d.h. eigentlich schon nächste Woche) aufs BÜRGERamt...grrrr... um meine Steuerklasse ändern zu lassen.
Habe jetzt schon Disput mit dem Noch-Ehemann, weil die Infos im INFOzettel von uns beiden unterschiedlich ausgelegt werden.
Wie wird das wohl erst auf d e m Amt ablaufen???
(OK. Karotten hätte ich noch da....)
Thiara - 17. Oktober, 00:21
Ja, nimm viele, viele Karotten mit. Das Tier ist böse und gemeingefährlich... :-)
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